Samstag, 15. Februar 2014

Weltweiter Datenaustausch

Aussagen zur globalen Erwärmung bauen darauf auf, dass die entsprechenden Beobachtungen gemacht wurden. Man hat an vielen Stellen der Erde Temperaturen oder Niederschläge beobachtet, hat den Meerespiegelanstieg bestimmt oder Eisdicken gemessen und hat Temperatur- und Salzkonzentrationsprofile in den Ozeanen durch automatische Sinkbojen erfasst. Ganz zu schweigen von den verschiedenen Messinstrumenten auf einer Vielzahl von Satelliten. Das Grundproblem dabei ist, dass alle diese Messungen und Beobachtungen in den verschiedensten Staaten von den unterschiedlichsten Organisationen und Einrichtungen durchgeführt werden. Und die messen zunächst mal alle nach eigenen Vorgaben und legen die Daten in eigenen Formaten in ihre Datenbanken ab. Wie kann man jetzt an zentraler Stelle an alle diese Daten herankommen, wie sie vergleichbar machen und vernünftig interpretieren? Die Antwort dazu ist, dass es eine Vielzahl internationaler Stellen und Organisationen gibt, die sich genau darum kümmern. Wer sich mit internationaler Zusammenarbeit befasst, betritt aber das Reich der Abkürzungen (meist, aber nicht annähernd immer, drei Buchstaben) und der internationalen Konferenzen, auf denen viel Papier produziert wird, ohne das aber so viele schöne Daten nie zur Auswertung fließen könnten. Ein besonderes Augenmerk möchte ich hier auf die Weltmeteorologieorganisation WMO richten und auf das Projekt eines WMO integrierten globalen Observationssystems WIGOS.




Die nationalen Wetterdienste der Staaten der Erde haben schon zusammengearbeitet, da war das Thema einer internationalen Zusammenarbeit noch in den Kinderschuhen. Die Vorläuferorganisation der WMO wurde sogar schon 1873 gegründet, lange vor Völkerbund und erst recht UNO. Die WMO ermöglichte die Zusammenarbeit der nationalen Wetterdienste von Feindstaaten und zwischen den großen Blöcken in der Zeit des kalten Krieges. Damit es möglich wird, erarbeitet man in der WMO unter anderem gemeinsame Vorgaben für die Anlage von Wetterstationen, für die Durchführung von Messungen und Standards für Datenformate zum Austausch der Daten. Früher war ein wesentliches Instrument dafür die World Weather Watch, über die nach bestimmten Telekommunikationsprotokollen und über vereinbarte Knotenstellen die Daten aus Wetterstationen verteilt werden und von allen angeschlossenen Wetterdiensten genutzt werden können. Für einen Staat wie Deutschland, dessen Wetter oft von der Wetterküche im Nordatlantik bestimmt wird und dessen Gebiet von Sturmtiefs erreicht wird, die zum Beispiel vor Kanadas Küste gebildet wurden, ist es daher wichtig, nicht nur sein eigenes Messnetz und eigene Schiffsmessungen und Wetterbojen nutzen zu können, sondern das viel dichtere Messnetz in der Region von Kanada, den USA oder Dänemark in Anspruch nehmen zu können. Das funktioniert natürlich in beide Richtungen.

Mit dem Datenaustausch geschieht aber weit mehr, als nur die Unterstützung der Wettervorhersage. Globale Wetterdaten gehen auch in die globalen Klimadaten ein. Gerade hier möchte man dann aber auch weit mehr wissen, als nur die Messdaten. Genauso ist man auch darauf angewiesen, über Stationsverlegungen, Höhe und Art der Instrumente oder genaue Messbedingungen informiert zu sein. Und da war der Informationsaustausch in der Vergangenheit oft schwierig. Das liegt nicht nur daran, dass man nicht an alle Informationen direkt kommt, ein Problem ist auch, dass man an Daten aus Afrika oder Südamerika einfach nicht den gleichen Maßstab legen kann, wie an Messungen in Europa.

Die WMO strebt in Kenntnis all dieser Probleme nach Verbesserungen. Ein Instrument dafür ist die CIMO. CIMO steht für Commission for Instruments and Methods of Observation. Es ist also eine technische Kommission, die sich über Messgeräte und Beobachtungsmethoden austauscht. Dazu gibt sie unter anderem den CIMO-guide heraus. In dem findet man die Beschreibung von Messprinzipien, üblichen Instrumenttypen und möglichen Fehlern bei den Messungen. Für Wetterdienste, die über keine eigenen Ressourcen für die Ausbildung und über wenig wirklich gut ausgebildetes Personal verfügen, wie zum Beispiel in verschiedenen Ländern in Afrika, ist so ein Guide eine wichtige Unterstützung. Von großem Interesse ist auch der Wolkenatlas, in dem Wolkentypen, ihre Bestimmung und begleitende Messdaten und Satellitenbilder abgebildet sind. Zur Zeit ist hier die neue Fassung in Arbeit und soll ca. ab 2015 auch on-line verfügbar sein.

Besonders wichtig ist aber ein Projekt, dass vor wenigen Jahren angelaufen ist und unter anderem die World Weather Watch als Instrument zum Datenaustausch ablösen wird. Das ist das oben erwähnte WIGOS-Projekt. Die große Herausforderung ist hier, dass man unter diesem Dach so viele verschiedene Messnetze zusammenfassen will für sehr unterschiedliche Zwecke zusammenfassen will. Unter dem Dach findet man das Global Observing System GOS für die Wetterdaten aus den Bodenmessnetzen, von Windprofilern und Radiosonden, von Schiffen, auf denen freiwillig Wetteraufzeichnungen gemacht und gemeldet werden sowie Driftbojen mit Messungen von Meeresoberflächentemperaturen und teilweise Luftdruck, aber auch Satellitendaten.
Das WMO Global Observing System mit seinen Komponenten. Graphik von WMO.

Messungen von Spurengasen, zum Beispiel von Kohlendioxid, finden im Rahmen der Global Atmosphere Watch GAW statt. AMDAR ist ein Messsystem, dass darauf basiert, dass Wetterdienste Verkehrsflugzeuge mit Messinstrumenten ausstatten, um Meteorologische Größen während deren Flügen aufzuzeichnen. Dabei ist man auf die Kooperation mit den Fluggesellschaften angewiesen. Deutschland sammelt auf diesem Wege nicht nur in großem Umfang Messungen aus der gesamten Troposphäre über Europa, sondern Flüge nach Afrika liefern auch den Staaten dort eine Vielzahl von Wetterdaten, die ihnen ohne dieses Programm nicht zugänglich wären. Unter WIGOS fallen auch hydrologische Daten, zum Beispiel Messungen des Durchflusses und Pegels von Strömen und Flüssen oder Eisdaten der verschiedensten Art von Cryospherewatch. Vielleicht in Hinblick auf die globale Erwärmung besonders spannend ist die Argo-Flotte von Tauchbojen, die Profile verschiedener Größen in Meerestiefen bis über 2000 Meter Tiefe anlegen. Weltweit werden gut 3600 Tauchbojen eingesetzt, die vergangenes Jahr bereits über 1 Million Profile vermessen hatten, mehr als das doppelte der bis dahin in herkömmlichen Verfahren je bestimmten Profile. Dadurch werden Aussagen über globale Salz- und Temperaturverteilungen in der Tiefsee möglich, durch die wir verstehen, wie eigentlich und warum Meeresströmungen das Ozeanwasser umverteilen und Wärme von der Oberfläche in tiefere Schichten transportieren. Dadurch wissen wir, dass die globale Erwärmung der letzten Jahre vor allem in den tiefen Ozeanschichten stattfand.

WIGOS ist derzeit in der Einführung, basierend auf einer Vielzahl von Projekten, die von Projektgruppen betreut werden. Task-Teams beschäftigen sich mit der Erstellung von Anleitungen und technischen Handbüchern für die Messsysteme und die verwendeten Datenbanken (Task Team on WIGOS Regulatory Material TT-WRM), mit Vereinbarungen für die Erstellung von Metadaten und Metadatenformaten zur Beschreibung der Messstationen, -instrumente und -bedingungen (Task Team on WIGOS Metadata TT-WMD) und das Qualitätsmanagement (TT-WQM). Diese letzte Gruppe wird dieses Jahr ihre Arbeit aufnehmen, und zum Beispiel die Frage beantworten, wie man eigentlich die Qualität der Messungen überwachen kann. Die Qualität ist eine zentrale Frage, wenn man bedenkt, dass die Messbedingungen in Afrika, in Asien und Südamerika mit denen in Europa, Japan oder den USA nicht zu vergleichen sind. Instrumentenzentren, ausgewählte Kalibrierstellen, die von leistungsfähigen Wetterdiensten angeboten werden, sollen in ihrer jeweiligen Regionalen Assoziation allen WMO-Mitgliedern die Möglichkeit bieten, ihre Messinstrumente zu kalibrieren, wenn es der nationale Wetterdienst selbst nicht leisten kann. Doch für die Qualität des Messnetzes und für die Wartung der Instrumente muss jeder Wetterdienst selbst sorgen. Und da kann man auch bei der Unterstützung eines Wetterdienstes unliebsame Überraschungen erleben. Ein Beispiel ist die Bereitsstellung von Mitteln zur Einrichtung eines Wetterradars (in einem Staat in der Regionalen Assoziation 2 - Asien). Die Inspektion einige Zeit nach der Errichtung des Radars fördert dann zutage, dass keine Mittel zur Wartung des Radars vorgesehen wurden. Die Folge ist, dass die Station nur ein Jahr lang Daten liefert. Für die klimatologische Daten, bei denen lange Zeitreihen gebildet werden müssen, ist so etwas völlig sinnlos. Die Lehre daraus ist, dass man bei Hilfen zur Einrichtung von Messstationen und Messeinrichtungen gleichzeitig auch Mittel für die Wartung für mindestens 10 Jahre bereitstellen muss. Es sind solche ganz praktischen Probleme, die bei den Ausschuss- und Arbeitsgruppensitzungen der WMO besprochen werden und deutlich machen, wie wichtig es ist, dass die WMO-Mitglieder sich gegenseitig unterstützen, um globale Daten jeglicher Art auf einem vereinbarten Qualitätsniveau nutzen zu können.

Keine Kommentare: