Samstag, 11. April 2009

Warum es egal ist, ob es eine mittlere globale Temperatur gibt

Manchmal verhindert die Fachbegutachtung in wissenschaftlichen Zeitschriften nicht, daß Unfug publiziert wird. Den Fall Gerlich&Tscheuschner hatte ich bereits vorgestellt. Aber schon früher gab es einen anderen Fall völligen Versagens der Gutachter. Diese freundlichen Herren, Christopher Essex, Ross McKitrick und Bjarne Andresen, wollen beweisen, daß es keine mittlere globale Temperatur gibt, mit der man eine globale Erwärmung nachweisen könnte. Damit so ein Schmarrn publiziert wird, muß man natürlich dafür sorgen, daß er keinem Meteorologen oder Klimatologen unter die Augen kommt und publiziert es – im Journal of Non-Equilibrium Thermodynamics. Der Unfug wurde wiederholt auseinandergenommen, bei Rabett Run, Deltoid und nicht zuletzt bei Real Climate. Genau wie bei Gerlich&Tscheuschner geisterten Vorabversionen des Machwerks jahrelang im Internet umher (schlechtes Zeichen!), z.B. im Rahmen eines Buches, auf das sich Deltoid bezieht, bis man dann ein fachfremdes Journal gefunden hatte (noch schlechteres Zeichen!), das den Schmonzes drucken wollte.
Ich möchte die Frage aber von einer anderen Seite aufdröseln. Warum ist es eigentlich egal, ob man eine mittlere globale Temperatur festlegen kann oder nicht?

Jede Temperatur, die gemessen wird, kann man sich vorstellen als eine Summe verschiedener Anteile. Da ist zunächst der Anteil der Temperatur aus dem Tagesgang. Ich nenne ihn mal D. Der hat sein Minimum beim Sonnenaufgang und sein Maximum am Nachmittag. Dann ist da der Anteil aus dem Jahresgang. Im Sommer ist die Temperatur hoch, im Winter niedrig und dazwischen – naja, dazwischen. Den Anteil nenne ich S. Dann gibt es einen Anteil aufgrund der Lage des Meßortes. Je höher ich gehe, desto niedriger ist die Temperatur (etwa 0,6 – 0,8 Grad je 100 Meter, abhängig von der Luftfeuchtigkeit). Aber auch Südhanglage gegen eine schattige Lage nördlich einer Anhöhe, kühl am Waldrand oder an einem See gegenüber aufgeheizt auf einer Geröllhalde machen alle unterschiedliche Lagen aus, die die Temperatur im Mittel höher oder niedriger sein lassen. Heiße und kalte Lagen können manchmal nur wenige 100 Meter auseinander liegen. Diesen Anteil nenne ich L. Weiterhin gibt es einen Wetteranteil. Ist es bewölkt oder sonnig, regnet es oder nicht, kommt ein heißer Süd- oder ein kalter Nordwind. Der Anteil wird W genannt. Dann gibt es noch Meßfehler – einen konstanten Anteil, den Bias (mit B gekennzeichnet) und einen zufälligen Anteil (jawohl, der heißt Z). Die Temperatur T ist also:

T = D+S+L+W+B+Z.

Das alles interessiert mich nicht. Weg damit.

Mich interessiert nur ein ganz kleiner Anteil, den wir jetzt beinahe vergessen hätten. Angenommen, ich mittele gemessene Temperaturen über einen langen Zeitraum. Über das Jahr hinweg ist der Mittelwert aus D=0. Zumindest kann ich D so festlegen, daß der Tagesgang aufsummiert 0 ergibt. Über das Jahr hinweg passiert das gleiche mit S. Nach einem Jahr ist S=0. W wird ebenfalls zu Null, wenn ich nur lange genug mittele und es halt so lege, daß es sich zu 0 mittelt und keiner anderen Zahl. Z wird sowieso beim Mitteln zu Null, denn es ist ja ein zufälliger Fehler – der mittelt sich raus. B und L sind die einzigen Komponenten, die einen festen Wert ungleich Null behalten. B ist ein Fehler, den ich klein zu halten versuche. Und L ist typisch für den Meßort und interessiert mich nicht. L ziehe ich ab.

Was dann übrig bleibt, ist eine kleine Zahl, die ich bisher noch gar nicht erwähnt habe. Es ist die klimatische Änderung, K. K sieht man erst, wenn man so lange mittelt, bis man alle anderen Komponenten heraus geschmissen hat. Praktisch erledigt man das, indem man Temperaturanomalien berechnet. Ich mittele die Temperatur für einen ganzen Monat (D wird zu 0, Z wird zumindest sehr klein), dann nehme ich die Mittelwerte des gleichen Monats aus 30 verschiedenen Jahren. Die Information über S steckt nun in den verschiedenen Monatsmitteln, Z und W werden herausgemittelt. Jeder über 30 Jahre gemittelte Monat ist also:

TM30 = L + S + BM30 + KM30 ,

wobei der Index M30 verdeutlicht, daß der Wert über 30 Jahre für diesen Monat gemittelt wurde.

Wenn ich also die Anomalie A bilde, dann ist mit i als Index für ein bestimmtes Jahr i:
A = TMi - TM30 = L + S + Bi + Ki - L - S - BM30 - KM30, bzw.

A = Ki - KM30 + BRest.

Nun kann ich über die Eigenschaften der verschiedenen Anteile der Temperatur und auch der Anomalien einiges sagen. Genauso, wie L absolut typisch für einen bestimmten Standort ist, ist K andererseits über große Gebiete hochkorreliert - messe ich es an einem Ort, ist es in weitem Umkreis ganz ähnlich. Ich muß mir nur gut überlegen, wie ich den Fehleranteil BRest möglichst klein kriege (da drin stecken z.B. der Wärmeinseleffekt, Instrumenten- und Zeitablesefehler oder Standortänderungen, durch die plötzlich ein Teil von L Teil des Fehlers wird).

Es mag also unphysikalisch sein, eine mittlere Temperatur der Erde zu messen, es ist aber definitiv pragmatisch sinnvoll, einen klimatischen Trend durch Bildung von Temperaturanomalien für Regionen und letztlich die ganze Erde zu bestimmen. Es gibt Arbeiten, in denen gezeigt wird, wie die Temperatur über große Strecken korreliert, z.B. in dieser Arbeit von Hansen und Lebedeff, Global Trends of Measured Surface Air Temperature, Journal of Geophysical Research, 92, 13345-13374 (1987). Die Autoren erläutern hier, wie eigentlich die globalen Temperaturanomalien für den GISS-Datensatz gebildet werden, und weisen dabei darauf hin, daß über 1200 km Entfernung hinweg die Temperaturen deutlich korrelieren. Das Bild oben links ist aus dieser Arbeit und zeigt die Temperaturkorrelationen aus dem globalen Meßnetz für verschiedene Bänder der geographischen Breite (anklicken vergrößert).

Das Wissen darüber hat man, wenn man sich mit tatsächlichen Temperaturmessungen aus einem Meßnetz beschäftigt. Es läßt sich nicht durch abstrakte thermodynamische Betrachtungen gewinnen. Genau aus diesem Grund ist die Frage, ob es eine globale Temperatur gibt, in einem beliebigen Journal in der Physik schlecht aufgehoben und erfordert, daß sich damit Meteorologen oder Geophysiker in einer ihrer Fachzeitschriften auseinandersetzen. Dort hätte man Essex, McKitrick und Andresen darüber aufklären können, daß ihre theoretischen Erwägungen, abgesehen von einigen sehr dummen Fehlern, auch völlig an der Sache vorbeigehen.

Davon abgesehen sollte das sehr deutlich machen, warum durchweg mit Temperaturanomalien gearbeitet wird und warum diese so genau sein können, wenn doch die Temperaturen selbst so stark vom Meßort abhängen und so stark von Wetter, Tageszeit und Jahreszeit beeinflußt werden. Letztlich macht das auch deutlich, warum es nicht lohnt, auf Monatsmittel oder Jahresmittel zu schauen, wenn man etwas über den klimatischen Trend wissen will, denn der Trend ist nun einmal klein gegenüber dem Auf und Ab der Temperatur, der einzelnen Ki, zwischen einzelnen Jahren.
(08.11.2011: der nicht mehr belegte Link zum Artikel von Essex et al. wurde durch eine Alternative ersetzt.)

5 Kommentare:

Thomas Heimburg hat gesagt…

Ich kenne das Paper der Herren Essex, McKitrick und Andresen. Die Autoren haben völlig recht damit, dass eine mittlere Temperatur nicht definiert ist, und ihre Kommentare zeigen nur, dass Sie keine Thermodynamik verstehen. Man kann nur extensive Größen (Größen, die man addieren kann) physikalisch begründet mitteln. 5 Erbsen plus 3 Erbsen ergeben 8 Erbsen, und der Mittelwert ist 4 Erbsen. Temperatur ist eine intensive Größe. Zwei Körper mit jeweils 20°C haben zusammen aber nicht 40°C sondern immer noch 20°C. Ein Körper mit 20°C und einer mit 40°C haben zusammengebracht nicht notwendigerweise 30°C im Mittel. Wenn aber der eine Körper aus Eisen besteht, und der andere aus Wasser, kommt ein ganz anderer Wert heraus. Deshalb gibt es keinen physikalisch begründeten Mittelwert der Temperatur. Man könnte auch die Größe (1/T) mitteln, was genauso unvernünftig wäre. Essex, McKitrick & Andresen haben gezeigt, dass dann die mittlere Temperatur sogar einen ganz anderen Trend haben kann. Die mittlere Temperatur könnte mit der Zeit abnehmen. Ich halte das für einen wichtigen Punkt. Man kann intensive thermodynamische Größen (z.B. Druck, Temperatur ...) grundsätzlich nicht mitteln. Das geht nur mit extensiven Größen (z.B. Volumen, Energie, ...). Das wird Ihnen jeder Thermodynamiker sofort bestätigen. Aus dem Grund ist das Paper auch in einem thermodynamischen Journal erschienen.

Versuchen Sie es selber mit zwei Temperaturen: (290K+310K)/2=300K (K=Kelvin).
(1/290K +1/310K)/2=1/299.7K.
(290K^4+310K^4)/2=300.5K^4
Da kommen verschiedene Zahlen raus. Einer ist kleiner als 300K, der andere größer.
Jede diese Mitteilungen könnte man rechtfertigen. 1/T steht in jedem Boltzmann-Faktor, T^4 ist proportional zur Energie des schwarzen Strahlers, der beim Klima besonders wichtig ist. Dass alle T mitteln wollen, ist reine Konvention, die keine physikalische Rechtfertigung hat.

Für Mitteilungen von Datensätzen, in das Rauschen auf derselben Größenordnung liegt wie der Trend, können sogar Trends in unterschiedliche Richtungen herauskommen

Das erwähnte Paper ist einfach nur vernünftige Physik. Das hat mit einem bestimmten Vorurteil zur globalen Erwärmung oder mit Klimaskepsis nichts zu tun. Die Arbeit als Schmarrn zu bezeichnen ist einfach nur schlechter Stil. Man kann sich sehr wohl um das Klima Sorgen machen, und trotzdem physikalische Gesetze beachten.

Keine pragmatische Betrachtung über die Anordnung von Wetterstationen, und dem praktischen Umgang mit Temperaturanomalien macht die obigen Betrachtungen ungültig.

Was man vorurteilsfrei problemlos mitteln könnte, wäre Energie. Da macht man keine Fehler.

T.Heimburg, Niels Bohr Institut, Copenhagen

J. Zimmermann hat gesagt…

Sehr geehrter Herr Heimburg, in Ihrem Beitrag ziemlich weit vorn zu behaupten, ich verstünde nichts von Thermodynamik, ist unvorsichtig und schlechter Stil, ebenso wie die Unterstellung, mir wäre der Unterschied zwischen extensiven und intensiven Größen nicht bekannt, der hier in Wahrheit keine wesentliche Rolle spielt. Drehen wir es doch mal herum: in Ihrem Beitrag haben Sie noch nicht einmal demonstriert, daß Sie meinen Beitrag verstehen, auf den Sie posten. Was im Gebietsmittel oder globalen Mittel betrachtet wird, sind nicht die Temperaturen, sondern Temperaturanomalien. Ich habe in meinem Beitrag vorgerechnet, warum diese Größe über große Räume hochkorreliert ist und es sinnvoll ist, hier feststellbare räumliche Mittel anzunehmen (natürlich könnten Sie sich auch in der Fachliteratur von den Eigenschaften der Temperaturanomalien überzeugen). Warum lesen Sie Beiträge nicht gründlich, die Sie kommentieren wollen? Und warum machen Sie sich nicht, bevor Sie einen unqualifizierten Kommentar abgeben, zunächst über das Thema sachkundig? Das Thema ist Klimatologie. Was haben Sie denn bisher zu diesem Thema gelesen, um zu verstehen, warum eigentlich Klimatologen mit Gebietsmitteln von Temperaturanomalien arbeiten? Ist Ihnen eigentlich klar, daß die Gebietsmittel sich durchweg auf das gleiche Medium beziehen (Lufttemperatur; und über See ist die oberflächennahe Lufttemperatur praktisch gleich der Wassertemperatur)?

Und wenn Sie sich für ein solches Papier in die Bresche werfen und meinen, man sollte das nicht als Schmarrn bezeichnen - finden Sie es etwa nicht zumindest verdachterregend, daß dieses Geschmiere keinen einzigen Klimatologen oder Meteorologen beeindruckt hat? Daß die Reaktion in der Fachliteratur dazu exakt "Null" ist, wo das Thema doch nichts weniger unternimmt, als praktisch allen im Fach tätigen Wissenschaftlern zu widersprechen und sie als Dummköpfe hinstellt? Daß es keine andere Möglichkeit gab, als diesen Schmarrn einem fachfremden, zweitklassigen Journal unterzujubeln? Überlegen Sie doch bitte in Zukunft erst einmal, ob Ihre Belege wirklich so überältigend sind, daß Sie praktisch allen Fachleuten auf dem Gebiet widersprechen können.

Thomas Heimburg hat gesagt…

"... finden Sie es etwa nicht zumindest verdachterregend, daß dieses Geschmiere keinen einzigen Klimatologen oder Meteorologen beeindruckt hat?"

Sie haben völlig recht. Das finde ich "verdachterregend". Ich wundere mich, dass ein so offensichtlich vernünftiges Argument keine Beachtung findet, und ich mache mir meine Gedanken darüber. Ich habe hingegen viele sehr emotionale persönliche Angriffe auf die Autoren im Netz gefunden, die eine sachliche Erwägung des Arguments gar nicht erst versuchen. Da mache ich mir auch Gedanken drüber. Die Autoren haben nie behauptet, es gäbe keine globale Erwärmung. Sie haben auch niemand anderen für dumm erklärt - das geschieht eher umgekehrt durch Begriffe wie "Geschmiere". Die Autoren fragen nur, ob die bestehenden Maße physikalischen Sinn machen. Aus welchem Grunde werden die Autoren diffamiert? Warum bezeichnet man solche Text als "Schmarrn" oder "Geschmiere"? Das ist der Geist von Zensur, und weit entfernt von offenem wissenschaftlichen Diskurs. Wollen Sie denn Artikel über das Wesen von Temperatur in der Fachpresse verbieten?

Der Inhalt eines wissenschaftlichen Artikels ist entweder richtig oder falsch. Für die Beurteilung der fachlichen Qualität gibt es Gutachter. Die Fragestellung des Artikels von Essex & al. ist sehr vernünftig und wert, dass man sich damit befasst. Es gab ein Editorial zum Artikel, und Gutachter fanden den Inhalt sachlich richtig. Ich selber halte die Schlussfolgerungen der Autoren auch für richtig.
Sie hingegen halten den Inhalt der Studie für irrelevant, was ihr gutes Recht ist, wenn Sie das begründen, aber Sie haben nirgendwo angedeutet, dass Sie den eigentlichen Kern des Papers für falsch halten. Warum werden die Autoren also diffamiert? Es reicht doch, wenn Sie erklären, das sie den Punkt aus bestimmten Gründen für unwichtig halten. Das wäre dann normaler Diskurs und vollständig legitim.

Ich teile ihre Einschätzung nicht - ich halte das Argument von Essex et al. für sehr relevant. Damit mache ich keine Aussage über den Klimawandel - höchstens über die Qualität seiner Erforschung. Korrigieren Sie mich, wenn Sie nicht der Meinung sind, dass das Klima in großen Teilen ein thermodynamisches Problem ist. Es geht um Drucke, Temperaturen, thermodynamische Kräfte, Energien und die Eigenschaften schwarzer Strahler. Auf dem Gebiet ist der letzte Autor des Papers ein Experte, und er ist vollständig qualifiziert, dazu Aussagen zu machen.

Die Diskussion um die Erforschung des Weltklimas sollte eine sachliche, wissenschaftliche Natur haben, und keine weltanschauliche. Es ist sehr gut möglich, dass Mittelwerte des Energiegehalts der Atmosphäre und der Ozeane schlüssige Antworten liefern, die mittlere Temperaturen nicht liefern. Das ist ein sachliches Problem. Es ist übrigens auch nicht so, dass die Meinung von Mehrheiten in der Naturwissenschaft über die Richtigkeit eines Argumentes entscheiden. Neuerung kommen fast immer von Einzelpersonen mit abweichenden Meinungen. Der letzte Nobelpreis in Chemie ist ein gutes Beispiel dafür. Der Autor wurde jahrelang angefeindet, weil die absolute Mehrheit der Forscher meinte, dass sein Ergebnisse unmöglich seien.

J. Zimmermann hat gesagt…

Leider war ich zeitlich sehr gebunden. Aber ich will auf eine Antwort nicht verzichten. Ich bin irritiert, dass Sie das Geschreibsel von Essex et al. für vernünftig halten. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, baue ich das Argument neu auf. (Es wäre übrigens höflich gewesen, die verschiedenen Links zu besuchen, die ich anbiete, bei denen Sie ausführliche Argumentationen finden, wenn auch auf Englisch.)

Die Argumente sind zum ersten formal: seriöse Wissenschaftler publizieren dort, wo es relevant ist und wo sie gehört werden, und nicht etwa dort, wo einer der Autoren zufällig Redakteur und deshalb durch eine „Fachbegutachtung“ schummeln kann, was in den Journalen, die zum Thema publizieren, sicher durchfallen würde. Meteorologen und Klimatologen arbeiten weltweit mit Temperaturanomalien und Mitteltemperaturen, die über verschiedenste Raum- und Zeitskalen gemittelt werden. Wenn nun drei Personen mit der Behauptung daherkommen, daß tausende von Experten seit Jahrzehnten Unfug machen, müßte das eigentlich sehr relevant sein. Daß die Publikation völlig ohne Effekt auf die fachliche Praxis in der Meteorologie blieb, sollte Laien sehr deutlich machen, daß wohl höchstwahrscheinlich an dem Papier etwas faul ist. Was faul ist, wird in den Links erläutert, die ich angebe. Aber ich kann auch dazu nachlegen.

Ein Hauptargument von Essex et al. ist, daß eine intensive Größe wie die Temperatur nicht sinnvoll gemittelt werden könnte. Das ist aber praxisfremd. In Wahrheit ist die Temperatur unter den Rahmenbedingungen, die in der Klimatologie gelten, nur eine Ersatzgröße für die Wärme. Die Temperatur wird gleichförmig gemessen (üblicherweise 2 Meter über dem Boden, nach WMO-Regeln und nationalen Regeln, wenn es um Messstationen an Land geht, oder es wird die Wassertemperatur an der Oberfläche gemessen, die üblicherweise gleich der Lufttemperatur darüber ist), kann immer mit der praktisch gleichen Wärmekapazität multipliziert werden und steht daher direkt für eine extensive Größe, die Wärme, die sehr gut gemittelt werden kann. Bis zum Ende durchgedacht haben Essex et al. einfach so getan, als wüßten sie gar nicht, was Meteorologen und Klimatologen eigentlich tun. Sie haben einen Strohmann konstruiert und abgebrannt, indem sie so getan haben, als würden Meteorologen irgendwelche Temperaturen willkürlich betrachteter Medien zusammenwürfeln.Die Wärme selbst ist übrigens im Rahmen der meteorologischen Meßnetze grundsätzlich nicht direkt meßbar, würde also immer nur indirekt über gemessene Temperaturen erfaßt. Auch insofern geht die Kritik von Essex et al. an der Praxis vorbei.

Fortsetzung im zweiten Posting.

J. Zimmermann hat gesagt…

Fortsetzung

Der zweite Einwand gegen Essex et al. ist, daß sie so tun, als wüßten sie nicht, daß man in der Klimatologie Temperaturanomalien betrachtet. Diesen Punkt hatte ich oben näher erläutert.

Essex et al. argumentieren länglich, daß es sehr viele Möglichkeiten gäbe, Temperaturen zu mitteln. Das ist wiederum ein Strohmann. Klimatologen wissen sehr genau, mit welchem Mittel sie zu welchem Zweck arbeiten. Wenn ich klimatologische Mittel erstelle, habe ich gar keine andere sinnvolle Wahl als arithmetisch zu mitteln, und zwar, wie gesagt, Temperaturanomalien, denn genau das ist für den Zweck adäquat. Und dieses pragmatische Argument ist da einzige, das hier interessiert. Für Strahlungsbudgetbetrachtungen arbeite ich natürlich mit der vierten Potenz der Temperatur. Aber die hier relevanten Temperaturwerte wiederum stammen nicht aus Messungen aus dem Bodenmessnetz, höchstens im Rahmen einer Datenassimilation werden Modellwerte durch Messwerte auf konsistente Anfangs- und Randwerte gezwungen. Im Rahmen solcher Modellrechnungen stellt sich überhaupt nicht die Fragen, Temperaturen mitteln zu müssen – man bestimmt Strahlungswerte an jedem Gitterpunkt. Es fällt also auf, daß Essex et al. mit dem Aufbau von irrelevanten Scheinproblemen arbeiten – ein weiterer Hinweis auf ihre Unseriosität.

Nun haben Sie noch gemeint, ich würde die Autoren diffamieren. Da kann ich schreiben: Nö, keineswegs. Wer sich anschaut, was diese Herren, und speziell McKitrick sonst so von sich geben, muß schließlich zur Kenntnis nehmen, daß diese Herren keineswegs von wissenschaftlichem Erkenntnisdrang getrieben sind, sondern permanent politische Propaganda mit dem Tenor machen, daß die menschengemachte globale Erwärmung kein Problem sei – aus welchem Grund auch immer. Dabei durchweg auf der Basis von wissenschaftlichen Fehlern, der Errichtung von Strohmännern und bis hin zur Diffamierung von seriösen Wissenschaftlern. Das detailliert hier auszuführen würde jeden Rahmen sprengen. Aber wenn man dieses Vorwissen dazunimmt, versteht man, daß auch dieses Papier von Essex et al. gar nicht ehrlich gemeint ist, sondern nur ein weiteres Stück Propaganda ist. Ob die Fachwelt das Papier positiv oder negativ aufnimmt, ist den Autoren egal. Wichtig war ihnen nur, ein weiteres Stück Leugnerliteratur mit dem Prädikat „peer reviewed“ unterzubringen, um damit Laien zu blenden.

An all diesem geht Ihre Meinungsäußerung völlig vorbei. Ich schlage vor, sie lassen sich das noch mal in Ruhe durch den Kopf gehen und machen sich vielleicht auch mit einem Lehrbuch der Klimatologie in der Sache schlau.