Dienstag, 20. Januar 2009

Galaktische kosmische Strahlung – wie man sieht, sieht man nichts

Bei den unverstandenen Klimaeinflüssen stechen einige in der Diskussion heraus, auch wenn es wenig über die Wichtigkeit aussagt. Aerosole sind sehr wichtig. Und wir wissen immer noch wenig über sie. Das liegt in der Natur der Sache, denn Aerosoleigenschaften hängen ab von ihrer Zusammensetzung, ihre Schwere und ihrer Form. Es gibt dafür nahezu unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten. Jedes Aerosolpartikel ist einzig. Dies also richtig in Modellen zu parametrisieren ist die maximale Herausforderung. Dabei ist der Parameter wirklich wichtig. Aerosol kann selbst Sonnenlicht absorbieren oder reflektieren (vor allem, aber eben nicht nur, abhängig vom Kohlenstoffgehalt), es kann aber auch zur Wolkenbildung beitragen und so einen indirekten Strahlungseffekt haben, denn Wolken können, je nach Höhe wiederum Sonnenlicht reflektieren oder IR-Strahlung zum Boden zurückwerfen. Im großen und ganzen sind die Wirkungen des Aerosols eher, daß sie die Erde kühlen, aber der Unsicherheitsbereich ist nach wie vor groß.

Damit verknüpft ist ein Joker ganz anderer Art im Klima-Poker. Wenn man sich vorübergehend einer Lobotomie unterzieht und so tut, als gäbe es die ganzen Belege für den Anstieg der Treibhausgase und ihre Strahlungswirkung nicht, könnte man mal fragen, was denn alternativ die globale Temperatur steigen läßt. Interne Variabilität, sozusagen interne Klimazyklen? Nein, sicher nicht.

Hat vielleicht die Sonne mehr Strahlung zur Erde geschickt? Da war schon Solanki mit Kollegen anderer Meinung, wie hier 2002 und hier noch mal 2004, wenn man nur die jüngste Zeit herausgreift (Zitate: Solanki, S.K.: Solar variability and climate change: is there a link?. Astron. Geophys. 43, 5.9–5.13, (2002) und S.K. Solanki, I.G. Usoskin, B. Kromer, M. Schüssler, J. Beer, Unusual activity of the sun during recent decades compared to the previous 11,000 years, Nature 431 (2004) 1–12.). Aber Lockwood und Fröhlich (Recent oppositely-directed trends in solar climate forcings and the global mean surface air temperature. Proc. R. Soc. A 463, 2447–2460, (2007).) haben mit einer Serie von drei Artikeln mögliche verbliebene Zweifel ausgeräumt. Zuerst haben sie generell festgestellt, daß Strahlungsgrößen der Sonne mit der globalen Temperatur der letzten 20 Jahre antikorreliert sind, wenn überhaupt. Dann haben sie die Aussagen noch über den Einbezug von Modellrechnungen im zweiten (Lockwood, M. & Fröhlich, C. 2008 Recent oppositely directed trends in solar climate forcings and the global mean surface air temperature. II. Different reconstructions of the total solar irradiance variation and dependence on response time scale. Proc. R. Soc. A 464, 1367–1385) und dann im dritten Teil (Lockwood, M. 2008 Recent changes in solar outputs and the global mean surface temperature. III. Analysis of contributions to global mean air surface temperature rise. Proc. R. Soc. A 464, 1387–1404) verfeinert.

Svensmark und seine Kollegen haben dann das Aerosol-, das Wolken- und das Strahlungsthema verknüpft. Die kreative Hypothese ist, daß Änderungen der Aktivität der Sonne (und ihres Magnetfeldes) mehr oder weniger galaktische kosmische Strahlung (einen Fluß extrem energiehaltiger Partikel aus der Galaxis) durchlassen, die dann auf der Erde kleinstes Aerosol erzeugen können, die wiederum Kondensationskeime für die Entstehung von Wolken erzeugen. Je aktiver die Sonne ist, desto weniger galaktische kosmische Strahlung erreicht die Erde, desto weniger Kondensationskeime werden gebildet, desto weniger Wolken entstehen und desto wärmer wird es auf der Erde. Eine Hypothese, die davon lebt, daß wesentliche Elemente der Wirkungskette kaum zu messen sind, was ihnen zwar wenig Relevanz, aber ein langes Leben schenkt. Dies zumal, da Svensmark die Hypothese immer wieder abgewandelt hatte, so daß im Laufe der Zeit sich immer wieder neue Effektketten fanden. Interessanterweise ist sich sogar Svensmark dessen bewußt, daß er den aktuellen Erwärmungstrend mit seiner Hypothese gar nicht erklären kann. In dieser Antwort auf Lockwood und Fröhlich, 2007 berücksichtigt er selbst einen Trend von 0,14 Grad/Jahrzehnt, was nahe bei den Annahmen in den IPCC-Berichten für den von Menschen verursachten Temperaturanstieg liegt, und schaut sich nur die darauf liegenden Fluktuationen an. Zugleich meint Svensmark auch, daß die globale Temperatur der letzten Jahre ohne Trend sei, was darauf hindeutet, daß er hier nicht nachgerechnet hat – Trends der globalen Temperatur über 10 Jahre sind nicht signifikant. Lockwood und Fröhlich haben die Einwände von Svensmark auch in ihren neueren Beiträgen beantwortet.

Zu den Arbeiten, die auf diese GCR-Hypothese mit Skepsis blicken, zählt zu den neueren ein Artikel in Atmospheric Chemistry and Physics. J. E. Kristjánsson, C. W. Stjern, F. Stordal, A. M. Fjæraa, G. Myhre, and K. Jónasson, Cosmic rays, cloud condensation nuclei and clouds – a reassessment using MODIS data, Atmos. Chem. Phys., 8, 7373-7387, 2008.

Es wurde Ereignisse mit plötzlicher Abnahme der galaktischen kosmischen Strahlung GCR (sogenannte Forbush-Ereignisse) seit 2000 mit Daten des MODIS-Instruments (Moderate Resolution Imaging Spectro- radiometer) untersucht. MODIS ist auf zwei Satelliten installiert, die so die gesamte Erde in 1-2 Tagen abtasten können. Heftige Bearbeitung der Daten gab in fast allen Fällen keinen Zusammenhang zwischen GCR und Bewölkung. In Einzelfällen wurden schwache Zusammenhänge am Rande statistischer Signifikanz gefunden. Insgesamt jedoch stellten die Autoren fest, daß man aufgrund der Daten zwar einen Einfluß von GCR auf die Wolkenbildung nicht sicher völlig ausschließen kann, aber die Daten diesen Zusammenhang kaum unterstützen. Über ausgewählten Meeresgebieten mag es Anzeichen für Zusammenhänge geben. Im Schlusssatz werden die Autoren noch skeptischer: Für die anhaltende globale Erwärmung wird jedoch eine vernachlässigbare Rolle erwartet, bedenkt man das Faktum, daß der Fluß galaktischer kosmischer Strahlung in den letzten paar Jahrzehnten sich nicht veränderte – ausgenommen der 11-Jahres-Zyklus [der Sonnenflecken] (Lockwood and Fr¨ohlich, 2007).

In ScienceDaily wurde der Artikel als weitere Bestätigung kommentiert, das Svensmark und seine Kollegen wohl nicht auf dem richtigen Gleis fahren.

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